Roland Scheck

Nebenbeschäftigungen vollamtlicher Richterinnen und Richter

ANFRAGE von Tobias Mani (EVP, Wädenswil), Roland Scheck (SVP, Zürich), Davide Loss (SP, Thalwil) und Jean-Philippe Pinto (Die Mitte, Volketswil) vom 23.08.2021

Gemäss § 7 des Gesetzes über die Gerichts- und Behördenorganisation im Zivil- und Strafprozess (GOG) gilt für die Richterinnen und Richter eine relativ umfassende Offenlegungspflicht. So haben insbesondere alle Mitglieder und Ersatzmitglieder der obersten kantonalen Gerichte und der Bezirksgerichte regelmässig beispielsweise über berufliche Nebenbeschäftigungen oder die berufliche Haupttätigkeit zu informieren. Jedes Gericht erstellt ein Register über die Angaben und macht es in elektronischer Form öffentlich zugänglich.

Beim Blick in die Auflistung der Interessenbindungen / Nebenbeschäftigungen ruft ein leises Erstaunen hervor, dass beispielsweise ein 100%-Richter noch Mitglied einer Stadtzürcher Kreisschulpflege (landläufig mit 20% veranschlagt) und als Dozent tätig sein kann.

In Bezug auf die zeitliche Belastung stellt sich die Frage, in welchem Umfang solche Nebenbeschäftigungen neben einem Vollzeitpensum am Gericht möglich sein sollen. Im Weiteren stellt sich die Frage, ob Richterinnen und Richter neben einem vollen Lohn beliebig hohe Nebeneinkünfte erzielen dürfen.

So müssen die – per Definition vollamtlichen – Mitglieder des Bundesgerichts Einnahmen aus Nebenbeschäftigungen, die 10'000 Franken übersteigen, der Gerichtskasse abliefern (Art. 23 des Reglements für das Bundesgericht; SR 173.110.131). Dies entspricht rund 2.8% ihrer Jahresbesoldung (356'130 Franken im Jahr 2017; vgl. SR 172.121.1).

m Kanton Zürich existiert keine entsprechende Regelung. Um zu prüfen, ob eine solche angezeigt sein könnte, werden die obersten kantonalen Gerichte ersucht, die erforderlichen Daten bereitzustellen, indem sie, bezogen auf das Jahr 2020, folgende Fragen beantworten:

  1. Dürfen Richterinnen und Richter beliebig viele und auch beliebig zeitintensive Nebenbeschäftigungen haben? Wer übernimmt wie die Führungsverantwortung, dass Richterinnen und Richter trotz Nebenbeschäftigungen ihre volle Leistung am Gericht erbringen?
  2. Wird dabei allenfalls unterschieden zwischen Tätigkeiten, die im öffentlichen Interesse liegen (z.B. Nebenämter im Milizsystem, Mitwirkung an Schiedsgerichten, Ersatzrichtertätigkeit an einem anderen Gerichten), und rein kommerziellen Tätigkeiten?
  3. Gibt es zu 100% besoldete Mitglieder oder Ersatzmitglieder (im Sinne einer vollamtlichen richterlichen Tätigkeit), welche Nebeneinkünfte erzielen?
  4. Falls Frage 3 bejaht wird, bitte ich folgende Fragen zu beantworten:
    a) Wie hoch sind diese Nebeneinkünfte beim einzelnen Gerichtsmitglied?
    b) Wie hoch ist die zusätzliche Belastung und nach welchen Kriterien wird diese begrenzt?
    c) Aus welchen Quellen (Amtstätigkeit, politische Ämter, anderweitige Anstellung, anderes) stammen die Nebeneinkünfte?
  5. Wie stellen sich die Gerichte zu einer allfälligen Regelung durch den Kantonsrat?